Wer sein Reisemobil überlädt, muss mancherorts tief in die Tasche greifen. promobil zeigt, wo die Beamten am strengsten sind – und was gegen das Übergewicht im Fahrzeug hilft.
Manche Männer haben es, manche Frauen haben es, und manche Reisemobile haben es auch: ein Gewichtsproblem. Doch mit etwas Planung und Know-how purzeln beim Vierrad – im Vergleich zum Zweibeiner – relativ zügig die Pfunde. Das spart eine Menge Geld – und Ärger mit der Polizei.
Staunende Blicke des Autobahnpolizisten: Stolze 665 Kilogramm Übergewicht zeigt die Waage an, auf dem das Reisemobil steht – nach Abzug der fünf Prozent Toleranz. Das macht dann 95 Euro und ein Punkt in Flensburg. Ein Schnäppchen gemessen am Gefahrenpotenzial einer so immensen Überladung. Trotzdem: Ein Urlaub könnte wahrlich schöner beginnen.
Verstärkte Kontrollen in den Ferien
Ärgerlich, aber kein Einzelfall. In den Sommermonaten kontrollieren die Beamten deshalb besonders stark auf beliebten Reiserouten – auf der Suche nach zu schweren Fahrzeugen. Nicht nur, um Verkehrssünder aus dem Verkehr zu ziehen, sondern auch, um aufzuklären. Mithilfe einer mobilen Waage wird Reifen für Reifen geprüft, wie viel Gewicht auf jedem einzelnen Rad lastet. Am Ende wird addiert. Ab wann ein Fahrzeug als überladen gilt, legt in Deutschland die StVZO – die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung – fest. Laut dem aktuellen Bußgeldkatalog fallen bei Reisemobilen mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 7,5 Tonnen bei einer Missachtung der Vorschriften zwischen 10 und 235 Euro an – für Fahrer und auch Fahrzeughalter, sollte sich Letzterer auf dem Beifahrersitz befinden. Bei schwereren Fahrzeugen kann das Bußgeld auf 425 Euro ansteigen. Denn je höher das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs, desto höher fällt die Strafe bei einer Überladung für Fahrer und Halter aus.
Ein Fahrverbot auf deutschem Gebiet gibt es zwar nicht, dafür aber je nach Vergehen Post aus Flensburg. Denn übersteigt das Gesamtgewicht die zulässige Gesamtmasse um mehr als 20 Prozent, folgt ein Eintrag im Verkehrszentralregister. Eine Weiterfahrt ist erst dann möglich, wenn das Gewicht gemäß den Angaben im Fahrzeugschein reduziert wurde – blöd, wenn dann ein Koffer am Rasthof zwischen Mailand und Genua zurückbleiben muss.
Hohe Bußgelder im Ausland
Apropos Ausland: Bei unseren Nachbarn sieht die Rechtslage anders aus. Während zum Beispiel in Dänemark nahezu jedes Kilogramm zählt, gibt es in anderen Staaten wie den Niederlanden, Schweden oder der Schweiz eine feste Staffelung. Vielmehr unterscheiden sich die Länder in der Bußgeldhöhe: In Frankreich ist bei 750 Euro Schluss, bei unseren österreichischen Nachbarn geht es da erst richtig los: Ab einer Überladung von 15 Prozent wird ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Die Strafe wird dann von Fall zu Fall individuell ermittelt, bis zu 2180 Euro sind möglich, in Großbritannien gar bis zu 6000 Euro.
Aber wie steht es eigentlich um die Strafzahlung im Ausland? Seit 2010 gilt der von der EU verabschiedete Rahmenbeschluss zur Geldsanktionsvollstreckung. Hört sich kompliziert an, ist aber ganz einfach: Bußgelder, die nicht sofort bezahlt werden, können per Bescheid ins Heimatland verschickt werden. Das soll die Verkehrssicherheit erhöhen.
Richtig teuer kann es bei einem Unfall werden. Denn Bußgelder sind nur ein Aspekt, auf einen anderen weist Rechtsanwalt Rüdiger Zipper hin: „Besteht bei einem Unfall der Verdacht, dass die Unfallursache auf eine Überladung zurückzuführen ist, kann die Versicherung die Schadensbegleichung verweigern – unter Umständen, ohne eine Toleranz einzuräumen. Ob dann ein 3,5-Tonnen-Fahrzeug mit 3590 Kilo bereits als überladen gilt, muss ein Gericht entscheiden.“
Ingolf Pompe
Ein schneller Blick in den Fahrzeugschein genügt – und die ungemütliche Überraschung bei einer Kontrolle bleibt aus.
Bei der Thematik sollte deshalb frühestens der zweite Blick auf die Bußgeldtabelle fallen und der erste in den Fahrzeugschein. In der Zulassungsbescheinigung Teil 1 ist das zulässige Gesamtgewicht unter den Ziffern F1 und F2 zu finden, bei älteren Fahrzeugen im Ziffernfeld 15. So weiß jeder, wie viele Kilos das Reisemobil schleppen darf – um dann später im schlimmsten Fall nicht selber abgeschleppt zu werden. Denn ein überladenes Fahrzeug verhält sich beim Bremsen, Beschleunigen und Kurvenfahren anders. Sinkt die Fahrstabilität, steigt das Unfallrisiko. Eine Gefahr sowohl für andere Verkehrsteilnehmer als auch für die Insassen – Stichwort: herumfliegende Ladung. Extrakilos schaden auch den Reifen, die bei Überladung keinen optimalen Halt garantieren.
Schon die Umsetzung ein paar einfacher Tipps schafft Abhilfe: Im Grunde sollte das Thema Beladung bereits beim Reisemobilkauf eine Rolle spielen. Denn schon der Grundriss bestimmt die Gewichtsverteilung auf den Achsen. Ein Fahrzeug mit langem Überhang ist für einen Motorradträger nur bedingt passend. Eine eingebaute Markise und Klimaanlage drücken zusätzlich die Zuladung. Auch die Platzierung von Frisch- und Schmutzwassertank gehört unter die Lupe genommen. Denn deren Inhalte verändern die Lage. Dort wo das Reisemobil grundrissbedingt gut genährt ist, sollte mit weiteren Vorräten gespart werden – zum Beispiel in der Küche. Auch die Heckgarage, die zweifelsohne großzügiges Laden suggeriert, sollte mit Augenmaß beladen werden. Denn hier wirkt – gerade bei Fahrzeugen mit Überhang – die Hebelwirkung.
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Schwere Gegenstände gehören zwischen die Achsen, am besten in den Doppelboden, festgezurrt mit einem Gurt. Leichtere kommen in die Oberschränke. Offene Ablagen bleiben während der Fahrt leer, damit beim Bremsen nichts herumfliegt. Wer vor der Reise mit dem Gewicht auf Nummer sicher gehen möchte, der fährt auf die Waage. Bei Prüforganisationen wie TÜV und Dekra kann gewogen werden. Ist das Gefährt zu schwer, den Wassertank leeren und erst am Zielort befüllen, Essens- und Getränkevorräte können auch noch im Urlaubsort gekauft werden – packen getreu dem Motto: Weniger ist mehr.
Bußgeldkatalog Deutschland (Pkw <3,5 Tonnen)
Verkehrsdelikt überladenes Reisemobil/Pkw (bis 3,5 Tonnen) | Bußgeld für Fahrer und Halter | Punkte |
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Über 5 Prozent | 10 Euro | – |
Über 10 Prozent | 30 Euro | – |
Über 15 Prozent | 35 Euro | – |
Über 20 Prozent | 95 Euro | 1 |
Über 25 Prozent | 140 Euro | 1 |
Über 30 Prozent | 235 Euro | 1 |
Bußgeldkatalog Deutschland (Lkw <7,5 Tonnen)
Verkehrsdelikt überladenes Reisemobil/Lkw (3,5 – 7,5 Tonnen) | Bußgeld für Fahrer und Halter | Punkte |
---|---|---|
über 10 Prozent | 30 Euro | – |
über 20 Prozent | 95 Euro | 1 |
über 30 Prozent | 235 Euro | 1 |
Bußgeldkatalog Europa
Land | Toleranz | Strafe |
---|---|---|
Belgien | bis zu 2 Prozent | bis zu 330 Euro (Ausländer müssen bar zahlen) |
Dänemark | bis zu 1 Prozent | Gestaffelt: 10 Euro je 1 Prozent Überschreitung |
Frankreich | keine Toleranz | bis zu 750 Euro (bei mehr als 5 Prozent Überladung keine Weiterfahrt) |
Großbritannien | keine Toleranz | bis zu 6000 Euro |
Italien | bis zu 5 Prozent | bis zu 1700 Euro |
Niederlande | bis zu 10 Prozent | bis zu 850 Euro |
Österreich | keine Toleranz | bis zu 2180 Euro |
Schweden | bis zu 1 Prozent | Bis zu 400 Euro |
Schweiz | keine Toleranz | bis 170 Euro (bei mehr als 5 Prozent Überladung Anzeige) |
Spanien | bis zu 5 Prozent | bis 4600 Euro |
Was wiegt was im Wohnmobil?
Backofen | 17 Kilogramm |
---|---|
Bettwäsche | 5 Kilogramm |
Bierkasten | 18 Kilogramm |
Essen und Trinken | 37 Kilogramm |
Fahrrad | 15 Kilogramm |
Flachbildschirm | 10 Kilogramm |
Geschirr | 5 Kilogramm |
Küchenzubehör | 14 Kilogramm |
Markise | 30-40 Kilogramm |
Vorzelt | 45 Kilogramm |