Die früher so beliebte Rundsitzgruppe im Heck ist wieder im Kommen. Mit frischen Ideen kehrt der Grundrissklassiker auf den Frühjahrsmessen zurück. Was können die Modelle 2011 besser als ihre Vorläufer?
Totgesagte leben bekanntlich länger. Schon vor Jahren verabschiedeten sich fast alle großen Wohnmobilhersteller sang- und klanglos von den Hecksitzgruppen. Jetzt feiern die gemütlichen U-Sofas auf den Frühjahrsmessen wieder eine fröhliche Auferstehung. Hymer B-Klasse 534 und Dethleffs Alpa ziehen das Publikum an, als wäre die Wohnlichkeit hier völlig neu erfunden worden.
So bequeme Kuschelecken, so viel Platz für Geselligkeit und so gute Aussicht findet man bei moderneren Grundrissen tatsächlich nur selten. Im Vergleich zu den Sesseln im Fahrerhaus kommen an kühlen Tagen noch die Annehmlichkeiten einer wirksamen Isolierung hinzu. Hatten Entwickler und Käufer die Vorzüge einer Hecksitzgruppe zwischenzeitlich einfach vergessen?
Wer in frühen Reisemobiljahren selber mit so eingerichteten Modellen unterwegs war, erinnert sich vielleicht auch, dass die Hecksitzgruppe Nachteile mit sich brachte. Während der Fahrt blieben die sicheren Sitzplätze mit Gurt auf das Fahrerhaus beschränkt.
Für Fahrräder und ähnlich sperrige Dinge suchte man vergeblich nach passenden Verstaumöglichkeiten. Außerdem blieb die Bettenfrage meist eine zweifelhafte Wahl: Sollte man die Hecksitzgruppe umbauen oder in den Alkoven klettern? Komfort sieht mittlerweile anders aus. Kein Wunder also, dass die Hecksitzgruppe stetig Freunde verlor.
In anderen großen Wohnmobilmärkten wie in Frankreich und Italien kehrten ihr die Käufer schon früher den Rücken zu. Lediglich die Briten dachten seit jeher anders. Ganz sicher lernt man an langen Regentagen die großen U-Sofas erst richtig zu schätzen.
Neue Entwicklungen beim Sicherheitsgurt
Die Rückkehr der Gemütlichkeit hat hierzulande allerdings nichts mit veränderten Wetterlagen zu tun. Es waren clevere Wohnmobilentwickler, die typische Nachteile der Hecksitzgruppe systematisch beseitigten. Ein ganz wichtiger Punkt: die Sicherheitsgurte.
Nur wer ausschließlich zu zweit auf Tour geht, kann darauf im Wohnraum verzichten. Völlig zu Recht fordert aber der Gesetzgeber bei neuen Reisemobilen Sicherheitsgurte auf allen eingetragenen Sitzplätzen. Die ungezwungene Kaffeerunde während der Fahrt würde man heute als lebensgefährlich einstufen und sollte deshalb den nostalgischen Schilderungen vorbehalten bleiben.
Konstantin Tschovikov
In der Rundsitzgruppe des Eighty finden zwei Mitreisende Platz auf den Gurtplätzen nah am Fahrerhaus.
Hersteller wie Karmann, Eura Mobil, Phoenix oder Bimobil, die der Hecksitzgruppe immer die Treue hielten, entwickelten spezielle Gurtsysteme für die Rückbank. Auch Concorde hat seit dem aktuellen Modelljahr wieder Grundrisse im Angebot, die es zwei Reisenden erlauben, hinten gurtgesichert in Fahrtrichtung am Tisch Platz zu nehmen.
Beim Duisburger Familienbetrieb Hehn, wo die Hecksitzgruppe fast schon ein Glaubensgrundsatz ist, ersann man eine ungewöhnliche Konstellation. Das Hehn Mobil 580 Lounge erweitert die Hecksitzgruppe, um dort zwei zusätzliche Plätze entgegen der Fahrtrichtung mit Gurten zu sichern. Frankia tüftelte ebenfalls an einer eigenen Lösung. In den FF-Modellen sitzen die Passagiere jeweils außen im Heck. Anders als sonst oft in Wohnmobilen müssen sich zwei Mitfahrer hier nicht auf die Pelle rücken. Mit ähnlichen Vorstellungen und oberschwäbischer Gründlichkeit ging Hymer vor.
Einzelsitze für mehr Komfort
Aus den seitlichen Sitztruhen der neuen B-Klasse 534 entfalten sich Einzelsitze mit integriertem Gurt. Sie sind nicht so breit und so dick gepolstert wie ein Wohnmöbel, erlauben aber eine recht entspannte Sitzhaltung. Das Ganze erinnert an praktische Familien-Pkw mit Klappgestühl. Ein weiterer Vorteil: Die B-Klasse-Plätze sind nicht im äußersten Winkel, sondern direkt hinter der Achse montiert. Das vermindert die unvermeidlichen Hub- und Schaukelbewegungen. Ansonsten gilt: Wer keinen allzu empfindlichen Magen hat, fühlt sich in einer Hecksitzgruppe wie ein VIP in der Stretch-Limousine.
Konstantin Tschovikov
Phoenix: Wenn das Hubbett des 7800 RSL unter der Decke hängt, bleibt unten Platz für ein Büro mit Schreibtisch und Schränken.
Nicht ganz so leicht bekommen die Entwickler typische Transportprobleme in den Griff. Hier sind die mächtigen Aufbauten von Concorde oder Phoenix klar im Vorteil. Unter den Sitzgruppen, die von außen betrachtet im ersten Stock eingebaut scheinen, kann man mühelos seine Fahrräder parken. Diesem Rezept folgen auch der neue Dethleffs Alpa und der Eura Mobil Terrestra A 570 HS. Sie bauen auf ein flaches Fahrgestell, setzen das gesamte Interieur auf einen hohen Doppelboden und gewinnen so eine beachtliche Höhe im Heckstaufach. Dass der Fußraum der Sitzgruppe ein wenig in das Gepäckabteil ragt, kann man bei üblicher Beladung verschmerzen.
Einmal mehrbedient sich Hymer auch bei der Stauraumgewinnung einer ganz eigenen Methode. Gegen einen Mehrpreis von 1390 Euro kann der hintere Teil der Sitzgruppe elektrisch angehoben werden.
Die Garage, die auf diese Weise entsteht, unterscheidet sich nicht von dem Stauraum eines Grundrisses mit Einzelquerbett. Auch im Innenraum drängt sich dieser Vergleich auf. Denn sobald man die Lehnenteile abnimmt, kann man bestens auf dem gelifteten Polster nächtigen. Die verbleibende Sitzgruppe genügt auch dann noch für zwei. Für die gute Nachtruhe eines Paars benötigt man diese Funktionen aber nicht unbedingt.
Die Betten-Frage
Beim neuen Hecksitzgruppen-Hymer handelt es sich schließlich um eine B-Klasse. Seit dem jüngsten Modellwechsel bedeutet dies, dass im Fahrerhaus ein 1,50 Meter breites, tief absenkbares und gut zugängliches Doppelbett zur Verfügung steht. Alkovenmodelle wirken da prinzipbedingt nicht ganz so einladend. Wie groß jedoch die Unterschiede innerhalb dieser Bauform sein können, demonstriert Eura Mobil. Der hohe Doppelboden des Terrestra A 570 HS verkürzt den Aufstieg. Rund 80 Zentimeter Kopffreiheit über der Matratze machen weitere Turnübungen beim Hinlegen auf der 1,60 Meter breiten Matratze überflüssig.
Konstantin Tschovikov
Phoenix: Der neue Maxi-Liner 7800 RSL stellt gängige Konzepte auf den Kopf. Im Fahrerhaus gibts Einzelbetten, im Heck eine Sitzgruppe.
Noch einfacher geht’s mit Einzelbetten. Schon vor zehn Jahren baute beispielsweise Bimobil die Liegeflächen längs zur Fahrtrichtung ein. Eine Variante, die ein wenig mehr Bauraum beansprucht, um den Aufstieg und Schlafkomfort spürbar zu verbessern. Besonders in großen Alkoven, die nahezu Sitzhöhe bieten, stehen die Längsbetten den sonst im Heck eingebauten Einzelliegen kaum nach. Phoenix kultiviert diese besondere Alkovenart bereits seit sieben Jahren und hat durch eine ausfahrbare stabile Treppe eine solide Aufstiegsmöglichkeit geschaffen.
Und doch könnte es der neue Dethleffs sein, der die Längseinzelbetten im Alkoven populär macht. Durch seinen Grundpreis von unter 60.000 Euro holt der Alpa die reizvolle Idee vom Luxussegment in die Mittelklasse. Auch bei Dethleffs hat man sich über den Aufstieg intensiv Gedanken gemacht. Statt der üblichen Leiter steht hier eine Klapptreppe mit breiten Stufen bereit. Sie macht sich tagsüber im Mittelteil zwischen den Betten unsichtbar. Das muss sie auch, um den Zugang zu Kleiderschrank und Fahrerhaus zu gewähren.
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Bei Phoenix hat man das Konzept noch weiter gedacht. Was wäre möglich, wenn Geld und Größe kaum eine Rolle spielen? Eine Antwort gibt der neue Maxi-Liner 7800 RSL, der ab 154.900 Euro in der Preisliste steht. Er überträgt die Einzelbettidee auf die integrierte Bauweise. Denkbar einfach gelangt man auf die im Bug tief abgesenkten Liegeflächen. Die Längsbetten beanspruchen allerdings ein wenig mehr Raum im Fahrerhaus. Phoenix nutzt die freie Fläche unter dem Bett, um hier ein Mini-Büro einzurichten. Vorne ein Arbeitszimmer, hinten die gute Stube – so lässt der Acht-Meter-Liner kaum noch häusliche Einrichtungen vermissen.
Welche Möglichkeiten in Rundsitzgrundrissen schlummern, zeigen die neuen Modelle mit Hubbett im Heck. Frankia erweitert das Angebot um einen geräumigeren FF4. Hobby nutzt die Kombination für einen Grundriss mit zwei getrennten Wohnbereichen. Die Rundsitzgruppe hat offenbar den Staub früherer Jahre abgeschüttelt; sie ist 2011 lebendiger denn je.
Rundsitzgruppe im Bug
Ein Sondermodell in limitierter Auflage stellt einen neuartigen Grundriss zur Diskussion: Beim Dethleffs Eighty handelt es sich um den wohl ersten Teilintegrierten mit Rundsitzgruppe im Bug. Eine Viererdinette mit Seitenbank schließt sich hier an das Fahrerhaus an. Mit Hilfe von Zusatzpolstern kann sie zum Rundsitz ausgebaut werden. So bleibt im Heck Platz für ein Längsbett. Im Vergleich zu typischen Hecksitzgruppen fällt die Beinfreiheit unter dem Tisch des Eighty aber knapper aus.
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Hecksitzgruppe im Campingbus
Die Verbindung einer schlanken Kastenwagenkarosserie mit einer Hecksitzgruppe hat ihren eigenen Reiz. Wohl auch deshalb ist sie bei den meisten Ausbaubetrieben im Angebot. Anders als in Modellen mit Aufbau darf man im Campingbusheck keine räumliche Weite erwarten. Es bietet aber die Möglichkeit, das Fahrerhaus zu verlassen, um in einer Sofaecke Platz zu nehmen. Der Raum ist für Paare ausreichend bemessen. Mehr als zwei eingetragene Sitzplätze sind bei Campingbussen mit Hecksitzen ohnehin die Ausnahme. Sofas und Tisch bilden in aller Regel die Basis zum Bettenbau. Das mag umständlich erscheinen, sichert aber sehr kompakte Abmessungen.