Den Wohnraum auf Knopfdruck vergrößern – in Reisemobilen mit Slide-out kein Problem. Wie das technisch funktioniert, haben wir uns bei Concorde genauer angesehen.
Eines ist sicher: Mit Platz geizt der Concorde Centurion gewiss nicht. Als Liner der Luxusklasse stellt er seinen Passagieren je nach Modell etwa 25 bis 27 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Wie bei vielen seiner Art lässt sich diese aber noch erweitern: Auf Knopfdruck schiebt sich aus der Seitenwand auf Höhe des Wohnraums ein zusätzlicher Erker nach außen – der Slide-Out.
Der größte Vorteil des Slide-Outs: Während der Fahrt behält das Reisemobil seine ursprünglichen Abmessungen, bleibt damit kompakter und innerhalb gesetzlicher Vorschriften, wie zum Beispiel der maximal zugelassenen Breite von 2,55 Metern. Am Ziel angekommen, schafft der Slide-Out im Innenraum weiteren Platz und damit mehr Bewegungsfreiheit und Komfort für die Reisenden. Im Centurion bringt er zudem den erforderlichen Raum, um die Küche per Auszug zu vergrößern oder Teile der Sitzbank in gemütliche Relax-Liegen zu verwandeln.
Einbau und Technik: Wie funktioniert ein Slide-Out?
Wie aber kommt der Slide-Out in das Reisemobil, wie aufwendig ist der Einbau und welche Technik steckt eigentlich dahinter? Aktuell stellt der Hersteller aus Schlüsselfeld bei Würzburg eine runderneuerte Version seines Top-Modells auf die Räder, die auf dem Caravan-Salon im August erstmals vor Publikum präsentiert wird. promobil durfte bereits während der Entwicklung des Prototyps einen Blick hinter die Kulissen werfen und damit auch die Fertigung und den Einbau des Slide-Outs genauer betrachten.
Frank Eppler, Uli Regenscheidt, Bernd Thissen
Schon vor dem Bau sollte feststehen, ob der Liner einen Slide-Out bekommt. Käufer müssen sich also bereits bei der Konfiguration für das in der Centurion-Preisliste aktuell mit rund 36.000 Euro gelistete Komfort-Extra entscheiden. Denn neben dem eigentlichen Einbau des Slide-Outs werden am Fahrzeug schon vorab einige Vorbereitungen getroffen. Um die nötige Steifigkeit zu gewährleisten, wird der Aufbau von einer aus Aluminium gefertigten Rahmenkonstruktion getragen, die die Wohnkabine mit dem Chassis des Basisfahrzeugs verbindet.
Damit der Aufbau den Verwindungen aufgrund des verlagerten Schwerpunktes beim ausgefahrenen Slide-Out standhält, werden entlang des Kabinen-Querschnitts zusätzliche Träger-Elemente installiert. In der Wohnkabine selbst wird ein spezieller Boden verlegt. Anstelle eines weichen PVC-Belags, der unter dem Gewicht des Slide-Outs sichtbare Druckstellen davontragen würde, kommt als oberste Schicht ein widerstandsfähigerer Kunststoff in Holzoptik zum Einsatz. Darunter setzt sich das Bodenprofil aus einer dünnen Aluminium-Platte und einer knapp zwei Zentimeter hohen Isolationsschicht aus RTM-Schaum zusammen.
Vakuum-Technik: So bleibt der Slide-Out dicht
Frank Eppler, Uli Regenscheidt, Bernd Thissen
Wie ein Fahrradschlauch füllt und entleert sich die Dichtung mit Luft.
Der erforderliche Ausschnitt für den Slide-Out von 3,5 Metern Breite und zwei Metern Höhe wird noch vor der Montage aus der entsprechenden Wand herausgesägt. Die Innenkanten versteift ein weiterer Metallrahmen, in den dann eine Vakuum-Dichtung umlaufend eingeklebt wird. Die gleicht vom Prinzip her einem Fahrradschlauch: Ist der Slide-Out komplett ein- oder ausgefahren, füllt sich die Dichtung mit Luft, um den Innenraum bestmöglich vor Staub und Feuchtigkeit zu schützen.
Bei der Aktivierung des Antriebs entleert sich die Dichtung und verringert damit die Reibungskräfte an den vorbeifahrenden Außenwänden des Slide-Outs. Die Außenhaut streift dabei zusätzlich an einer weiteren Gummilippe entlang, die eventuell vorhandene Feuchtigkeit abzieht und nach unten in eine Ablaufrinne tropfen lässt. Von dort aus läuft das Wasser dann nach außen ab.
Beheizte Außenhaut
Der Erker selbst wird außerhalb des Fahrzeugs vorgefertigt. Die 50 Zentimeter tiefe Zusatzkabine setzt sich wie der Rest des Aufbaus aus Aluminiumwänden mit PU-Verstrebungen als tragender Struktur sowie RTM-Schaum zur Isolierung zusammen.
Wichtigster Zusatz sind die Heizmatten unter der Außenhaut, die mit einer elektrischen Spannung von 24 Volt versorgt werden. Sie halten den ausgefahrenen Slide-Out auch bei winterlichen Bedingungen eisfrei und garantieren, dass er jederzeit wieder in die Ursprungsposition fährt und das Fahrzeug wieder zur Weiterfahrt bereit ist.
Da der Erker die Küche, Hängeschränke, Rahmenfenster und eine L-Sitzbank mit den integrierten Relax-Liegen beherbergen soll, wird alles schon vorab eingebaut, so dass der fertige Slide-Out nach dem Plug-In-Prinzip nur noch in den Ausschnitt eingesetzt und mit den Anschlüssen für Strom und Wasser verbunden wird.
Die Antriebe im Slide-Out
Bewegt wird der Slide-Out von zwei Antrieben, die platzsparend im Fahrzeuginneren an beiden Seiten des Ausschnitts montiert sind. Innerhalb der Konstruktion verbinden jeweils zwei Gliederbänder, die einer Fahrradkette ähneln, den Slide-Out-Träger mit einer Hydraulik. Diese drückt die Bänder entweder voneinander weg oder zieht sie zusammen.
Damit dabei nicht nur Zug-, sondern auch Druckkräfte auf den Träger wirken können, sind die einzelnen Glieder so konstruiert, dass sie sich auf einer Seite miteinander verzahnen und fixieren. Im Gegensatz zu einer Fahrradkette ist das Gliederband also nur in einer Richtung beweglich. Das ist nötig, damit es die rechtwinkligen Führungen passieren und auf diese Weise die vertikal wirkenden Kräfte der Hydraulik horizontal an den Slide-Out-Träger weiterleiten kann.
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Das Konstruktionsprinzip mit hydraulischem Antrieb, pneumatischer Dichtung und der Heizfunktion in der Außenhaut ist bei den meisten Anbietern gleich. Größe und Anzahl der Erker können natürlich variieren. Den großen Perfect stattet Hersteller Variomobil auf Wunsch mit bis zu drei Slide-Outs aus. Und bei Volkner Performance gibt es mit dem sogenannten Wall-Out eine Variante, die sich fast über die gesamte Fahrzeuglänge erstreckt.
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Noch werden vor allem große Reisemobile der Linerklasse mit den zusätzlichen Erkern ausgestattet. Ein Grund dafür dürften die hohen Kosten sein. Die Möglichkeit, schnell und einfach zusätzlichen Raum zu schaffen, wäre aber auch oder gerade in kleineren Fahrzeugen wünschenswert.
Wie das geht, zeigte zum Beispiel die Firma Protec auf dem Caravan-Salon 2016. Gleich zwei große Slide-Outs verbreitern den Teilintegrierten auf Basis des Iveco Daily von 2,30 auf 3,50 Meter. Die Wohnfläche soll auf diese Weise um 55 Prozent wachsen. Massentauglich ist das Konzept angesichts des hohen Fahrzeugpreises von rund 200.000 Euro allerdings nicht.
Der slowenische Hersteller Adria ist da schon einen Schritt weiter und bietet mit dem Adria Compact SLS ein Reisemobil mit Slide-Out-System zu Preisen ab 55.000 Euro an. Im sechs Meter kurzen Teilintegrierten ist der zusätzliche Erker im Heck platziert und schafft bei Bedarf den nötigen Raum für ein Längs-Doppelbett.
Die Technik dafür liefert die Firma Lippert Components aus den USA. Auf dem Heimatmarkt ist der Zulieferer im Caravan-Bereich mit rund 150.000 produzierten Slide-Outs im Jahr höchst erfolgreich. Mit dem Euro-Slide-Out-System – also der gleichen Technik wie im Adria – will der Hersteller nun verstärkt den europäischen Markt bedienen.
Hinzu kommt eine Variante von Lippert speziell für Kastenwagen. Dabei werden GfK-Boxen in den Ausbau integriert, die im Bereich der seitlichen Schiebetür oder den Heckflügeltüren ausziehbar sind und auf diese Weise den Wohnraum vergrößern. Hierzulande läuft der Vertrieb aktuell über den Fahrzeug- und Zubehöranbieter Reimo. Die im Onlineshop gelisteten Slide-Outs werden aber nur an Ausbau-Hersteller ausgeliefert.