Abseits der Straße fängt das Abenteuer erst richtig an! Dazu braucht es aber die passende Ausrüstung. Wir verraten, welche Möglichkeiten es gibt, Campingbusse geländetauglich zu machen.
Grenzenlose Freiheit. Davon träumen immer mehr Camper. Den Urlaub abseits voller Stellplätze genießen, dort übernachten, wo sonst kaum einer hinkommt, und die wilde Natur fernab der Zivilisation erleben. Gut ausgebaute Campingbusse machen das – wenigstens für ein paar Tage – durchaus möglich. Ausreichend Gas an Bord, voller Frischwassertank und los geht der Trip. Wer auf der Suche nach einem echten Abenteuer ist, muss allerdings befestigte Wege hinter sich lassen. Für die buckligen Pisten, sandigen Untergründe und Flussläufe, die es abseits der Straße zu passieren gilt, reicht der Camper von der Stange aber nicht aus. Dann ist ein geländetaugliches Fahrzeug nötig. Nun hat aber nicht jeder einen Offroad-Boliden vor der Türe stehen.
Geht es um Schlechtwegetauglichkeit, ist der Allradantrieb das Erste, was vielen in den Sinn kommt. Der hat gegenüber dem Vorder- oder Hinterradantrieb den Vorteil, die Kraft des Motors auf zwei Achsen verteilen zu können. Der 4 x 4-Antrieb hilft aber auch auf normalen Straßen, etwa bei Eis und Schnee, steilen Auffahrten oder im Anhängerbetrieb.
Basisfahrzeug mit Allradantrieb wählen
Wer noch vor dem Kauf des eigenen Campers steht und vom großen Abenteuer träumt, hat den Vorteil, gezielt ein Basisfahrzeug zu wählen, das ab Werk mit Allradantrieb lieferbar ist.
Die gute Nachricht für diejenigen, die bereits einen Camper ihr Eigen nennen, lautet: Die Mehrzahl der gängigen Kastenwagen und Busse kann von spezialisierten Nachrüstern auch noch hinterher zum 4 x 4 umfunktioniert werden.
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VW T6.1 4Motion: Die 150- und 199-PS-Versionen der neuesten Bulli-Generation sind mit 4Motion-Allrad erhältlich.
Der Allradantrieb ist aber längst nicht das einzige Kriterium, das ein Fahrzeug offroad tauglich macht. Auf schlüpfrigem Untergrund – Sand, Matsch oder Schnee – verliert schnell mal ein Rad die Haftung. Das zweite Rad der Achse springt dann nicht etwa hilfreich zur Seite – sondern bleibt einfach stehen und schaut dem rotierenden Kollegen zu. Schuld ist das auf griffiger Straße nötige Differenzial. Eine Sperre blockiert dieses Ausgleichsgetriebe bei Bedarf und ermöglicht starren Durchtrieb. Echte 4 x 4-Offroader bieten drei solcher Sperren, vorn, hinten und in der Mitte.
Sperren helfen auch, wenn sich das Fahrzeug stark verschränkt und ein oder gar zwei Räder in der Luft hängen. Aber auch bei manchen Hecktrieblern gibt es diese Option, eventuell auch zum Nachrüsten.
Unterfahrschutz schützt wichtige Bauteile
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Unterfahrschutz: Trotz erhöhter Bodenfreiheit lässt sich Bodenkontakt nicht immer vermeiden. Dann schützen speziell gefertigte Bleche aus Stahl oder Aluminium Motor, Getriebe, Differenzial und andere wichtige Bauteile vor Beschädigung.
Gerade wenn es holprig wird und es über Hügel und Senken geht, kann es für die wichtigsten Bauteile des Fahrzeugs gefährlich werden. Eine aufgerissene Ölwanne oder gar ein beschädigtes Getriebe lassen den Abenteuerurlaub jäh enden. Ein sogenannter Unterfahrschutz kann helfen. Diese Platten sind meist aus Aluminium gefertigt und lassen sich auch nachträglich anbauen.
Um Beschädigungen an lebenswichtigen Fahrzeugorganen vorzubeugen, sollte wenn möglich aber zuallererst das Fahrwerk höhergelegt werden. So werden die Überhangs- und Rampenwinkel vergrößert und die Wahrscheinlichkeit des Bodenkontakts verringert. Spezielle Sets für die Höherlegung beinhalten längere Stoßdämpfer und Federn, teils auch Distanzelemente. Etwa drei bis fünf Zentimeter Bodenfreiheit lassen sich so je nach Modell und Hersteller gewinnen. Wer sich für eine Allradumrüstung von Offroad-Experten wie Iglhaut und Oberaigner entscheidet, erreicht noch mehr Höhe. So erhält ein Mercedes Vito zum Beispiel bis zu acht Zentimeter mehr Luft unter dem Bauch, ein Sprinter sogar bis zu zwölf Zentimeter.
Weitere wertvolle Zentimeter können außerdem Offroad-Reifen mit größerem Format verschaffen. Die sind außerdem robuster als Straßen-Pneus, sorgen in erster Linie aber für mehr Grip. Der Profilanteil, der in direktem Bodenkontakt steht, ist bei geländetauglichen Reifen deutlich kleiner, sodass sie sich regelrecht in den weichen Untergrund verbeißen. Mit Offroad-Bereifung wird auch ein zweiradgetriebener Bus schon deutlich schlechtwegetauglicher.
Bernd Hanselmann
Ersatzradhalter: Größere Offroad-Reifen bedeuten auch ein größeres Ersatzrad. Das braucht Platz. Ein Heckträger eignet sich am besten zum Transport.
Um die Traktion weiter zu verbessern, verringern Offroad-Profis bedarfsweise den Reifendruck. Auf schlammigem Terrain empfehlen sich minus 25 Prozent, auf Sand gar nur die Hälfte. Damit die Reifen dabei nicht undicht werden oder gar abspringen, gibt es sogenannte Beadlock-Felgen. Ein aufgeschraubter Ring fixiert hier den Gummi auf dem Felgenhorn. Diese Anschaffung sollte aber nicht nur aufgrund der Kosten, sondern auch wegen des Gewichts gut überlegt sein. Das gilt übrigens für alle Offroad-Umbauten, die entsprechend massiv ausgeführt sein müssen. Die Zuladung schrumpft dabei auch bei einem Campingbus zusehends. Deshalb gilt es sorgfältig abzuwägen, welche Komponenten für den eigenen Freiheitstraum wirklich nötig sind.
Campingbusse geländetauglich machen
Jürgen Maria Waffenschmidt
Seilwinde: Eine Seilwinde wird selten gebraucht und wiegt viel.
- Scheinwerfer: Schon das Fahren bei Tageslicht ist im Gelände eine Herausforderung. Wer aber um Nachtfahrten nicht herumkommt, wird dankbar über zusätzliche Scheinwerfer sein. Die können zum Beispiel auf dem Dach oder auf der Stoßstange montiert werden.
- Seilwinde: Eine Seilwinde wird selten gebraucht und wiegt viel. Inklusive Stahlseil kommt das Teil schnell auf 80 kg oder mehr. Deshalb verzichten viele darauf. Sollte das Fahrzeug aber mal den Kampf gegen den Untergrund verlieren, kann eine Seilwinde die letzte Möglichkeit zur Selbstbergung sein.
- Bereifung: Die macht nicht nur optisch was her. Mit ihren besonders großen Profilblöcken sorgen spezielle Offroad-Pneus für deutlich mehr Grip und klettern unbeschadet über scharfkantige Felsen. Außerdem verhelfen große Reifenformate zu noch mehr Bodenfreiheit.
- Unterfahrschutz: Trotz erhöhter Bodenfreiheit lässt sich Bodenkontakt nicht immer vermeiden. Dann schützen speziell gefertigte Bleche aus Stahl oder Aluminium Motor, Getriebe, Differenzial und andere wichtige Bauteile vor Beschädigung.
- Zyklonvorabscheider: Anstelle eines Standardschnorchelkopfs kann auch ein Zyklonvorabscheider aufgesetzt werden. Der sorgt für maximale Vorreinigung der Ansaugluft. Er nutzt dieselbe Technik, die zum Beispiel auch in Staubsaugern eingesetzt wird. Die angesaugte Luft wird mittels Zentrifugalkraft von Staub befreit. Dieser wird direkt nach außen befördert oder in einem Sammelbehälter aufgefangen.
- Luftansaugschnorchel: Die hochgelegene Öffnung des Schnorchels hat gleich zwei Vorteile. Auf staubigen Pisten werden weniger Partikel angesaugt, das entlastet den Luftfilter. Zudem kommt bei Furten kein Wasser in den Ansaugtrakt.
- Ersatzradhalter: Größere Offroad-Reifen bedeuten auch ein größeres Ersatzrad. Das braucht Platz. Ein Heckträger eignet sich am besten zum Transport. Zumal man dort auch noch andere sperrige Gegenstände wie Reservekanister oder Spaten unterbringt.
- Höherlegung: Ein höhergelegtes Fahrwerk gehört zu den grundlegenden Maßnahmen, wenn es in unwegsames Gelände gehen soll. Der Einbau längerer Stoßdämpfer und Federn kann schon ein paar Zentimeter bringen. Für bis zu 350 Millimeter mehr Bodenfreiheit muss das Fahrwerk aber ein wenig hochgesetzt werden.
- Felgen: Ob Stahl oder Alu, Felgen für den Offroad-Einsatz müssen robust sein. Ein Sonderfall sind sogenannte Beadlock-Felgen. Ein aufgeschraubter Ring verhindert hier, dass etwa bei Fahrten auf Sand mit abgesenktem Luftdruck der Reifen abspringt.
- Differenzialsperre: Die Differenzialsperre ist eines der effektivsten Mittel für mehr Traktion auf rutschigem Geläuf. Sie verhindert, dass, wenn ein Rad durchdreht, das andere stehen bleibt. Echte Geländegänger haben Sperren an Vorder-, Hinterachse und in der Mitte.
Nachrüster für Offroad-Qualitäten: Von 4×4 bis Höherlegung
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Dangel: Der Allrad-Spezialist aus dem französischen Sentheim rüstet Fiat Ducato, Citroën Jumper und Peugeot Boxer auf Allrad um.
- Dangel: Der Allrad-Spezialist aus dem französischen Sentheim rüstet Fiat Ducato, Citroën Jumper und Peugeot Boxer auf Allrad um. Auch für die PSA-Modelle Jumpy und Expert hat man eine 4 x 4-Option. www.dangel.com
- Seikel: Das Unternehmen ist offizieller Lieferant von Volkswagen. Seikel entwickelt und vertreibt vielfältige Offroad-Komponenten für den VW Transporter, aber auch den größeren Crafter. www.seikel.de
- Extrem-Fahrzeuge: Hier stehen Ford-Umbauten im Vordergrund. Einen Allradantrieb für den Transit Custom und eine Höherlegung für den Transit AWD hat man beispielsweise im baden-württembergischen Schwenningen parat. www.extremfahrzeuge.de
- Terranger: Kompakte Busse, wie die Mercedes V-Klasse/Vito und die VW T-Modelle sind das Spezialgebiet der Niedensteiner Offroad-Experten. Wenn technisch möglich, werden auch individuelle Kundenwünsche erfüllt. www.terranger.de
- Iglhaut: Der Vertriebspartner von Mercedes bietet hochwertige Allrad-Komplettumrüstungen und passende Zubehörteile für den Sprinter, aber auch Vito und Co. Darüber hinaus werden von Iglhaut auch VW Crafter offroad-tauglich gemacht. www.iglhaut-allrad.de
- Oberaigner: Für den Sprinter gibt es von Oberaigner zuschaltbaren oder permanenten Allradantrieb. Auch Differenzialsperren und Fahrwerkshöherlegungen gehören zum Repertoire. Renault Master und Opel Movano werden ebenfalls umgerüstet. www.oberaigner.com
- Achleitner: Das österreichische Unternehmen hat sich vor allem der Allradumrüstung des Iveco Daily verschrieben. Zudem rüstet Achleitner verschiedenste Nutz-, Logistik- und Sonderfahrzeuge für ihren speziellen Einsatz aus. www.achleitner.com
Modelle mit Werks-Allrad
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Ford Transit AWD: Das Allradsystem des Transit ist als unauffälliger Wegbegleiter ausgelegt.
- Ford Transit AWD: Das Allradsystem des Transit ist als unauffälliger Wegbegleiter ausgelegt. Das heißt, im Normalfall sieht und merkt man nichts davon. Bei Bedarf lenkt das System automatisch bis zu 50 Prozent Antriebskraft an die Vorderräder – ist aber auch vorwählbar.
- Iveco Daily 4 x 4: Der Allrad-Daily ist ein robuster Geselle und ab Werk mit Höherlegung, Untersetzung und bis zu drei Differenzialsperren ausgerüstet. Wahlweise gibt es auch eine Automatik. Allerdings ist der Daily-4 x 4- Kastenwagen zumindest ein 5,5-Tonner.
- Mercedes V-Klasse/Vito 4Matic: Die drei stärksten Modelle mit 165, 190 und 239 PS gibt es optional mit permanentem Allradantrieb. Die Kraft wird dabei zwischen Vorder- und Hinterachse im Verhältnis 45:55 verteilt. Bei Traktionsverlust greift das System mit Bremseingriffen ein.
- Mercedes Sprinter 4 x 4: Den Sprinter gibt es mit Allrad in drei Motorvarianten mit 143, 163 und 190 PS. Der 4 x 4 kommt standardmäßig mit höhergelegtem Fahrwerk, optional ist auch eine Untersetzung erhältlich und die Kombination mit dem Siebengang-Automatikgetriebe.
- VW Crafter 4Motion: 4Motion heißt das Allradsystem von VW. Eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung regelt die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse. Optional gibts eine Differenzialsperre. Ansonsten nutzt das System gezielte Bremseingriffe.
- VW T6.1 4Motion: Die 150- und 199-PS-Versionen der neuesten Bulli-Generation sind mit 4Motion-Allrad erhältlich. Wie beim Crafter arbeitet das System weitgehend unbemerkt im Hintergrund. Für rund 990 Euro ist zudem eine Hinterachs-Differenzialsperre bestellbar.