Möbelbau im Wohnmobil: Alles über Möbel


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Möbel bestimmen Gewicht, Komfort, Optik und Funktion eines Wohnmobils – promobil zeigt, wodurch sich hochwertige Möbel auszeichnen und beleuchtet Materialien, Konstruktion und Design-Trends.

Ob Tisch, Schrank oder Bett: Erst die Einrichtung macht das Reisemobil zu einem gemütlichen mobilen Zuhause. Stabilität, Langlebigkeit und ansprechende Optik sind beim Möbelbau gefragt. Damit diese und weitere ästhetische und funktionale Anforderungen erfüllt werden, müssen viele Rädchen ineinandergreifen. Das beginnt bereits beim Produktionsprozess: Die Zeiten von planen Fronten sind vorbei, in Freizeitfahrzeugen sind heutzutage gewölbte Klappen und geschwungene Linien Standard.


Diese modernen Formen sind komplizierter in der Fertigung, weshalb die meisten Reisemobilhersteller Teile wie Türen, Klappen oder Tischplatten zuliefern lassen und nur die Korpusse selbst fertigen. Andere Hersteller wie Knaus und Carthago haben eine eigene Schreinerei und greifen nur bei einigen Klappen, die wegen ihrer Form oder Leichtbauanforderungen eine besondere Fertigung notwendig machen, auf die Dienste von externen Möbelbauern zurück. Einen anderen Weg geht Hobby, die die sichtbaren Formteile wie Klappen und Türen in ihrem Tochterunternehmen Formlight in Warburg produzieren lassen. Die Endmontage erfolgt dann im Hobby-Werk.


Modernes Leichtbaudesign versus Massivholz

Auf teures und schweres Massivholz setzen bei den Möbeln nur wenige Hersteller wie etwa Dopfer, Vario Mobil oder Bimobil. Sehr viel verbreiteter sind Dekorfolien aus bedrucktem und beschichtetem Papier. Holzliebhaber mögen jetzt aufschreien, aber Dekorfolien haben viele positive Eigenschaften. Zum einen sind sie um ein Vielfaches leichter als Echtholzfurnier, Massivholz oder gar Stein. Im Schnitt wiegt eine Dekorfolie nur etwa 80 bis 90 Gramm je Quadratmeter, während ein Furnier mit bis zu einem Kilo zu Buche schlägt. Ein weiterer Vorteil ist der gegenüber Furnier günstige Preis, der letztendlich auch dem Endkunden zugutekommt. Dekorfolien sind außerdem bei gleichbleibender Qualität beliebig reproduzierbar, einfacher maschinell zu verarbeiten und haben beim Design nahezu unbegrenzte Möglichkeiten.


Neben Nachbildungen von natürlichen Oberflächen, wie Hölzern oder Stein, können auch Fantasiedekore realisiert werden. Wie die Folie auf das Trägermaterial kommt, schauen wir uns bei der Firma Vöhringer in Trochtelfingen auf der Schwäbischen Alb an, die einer der führenden Produzenten von Wohnmobilmöbeln ist.


Wie entstehen die Möbel im Wohnmobil?

Zuerst wird die Möbelplatte maschinell mit einer sehr dünnen Leimschicht bestrichen, die Dekorfolie dann von großen Rollen abgewickelt und mit Walzen auf die klebrige Platte gepresst. Im Idealfall entstehen keine Blasen, Kratzer oder andere Beschädigungen. Um diesen heiklen Produktionsschritt zu überwachen, hat Vöhringer einen Scanner installiert, der die Qualität überprüft und Abweichungen markiert. Der Clou dabei: Jeder Auftraggeber kann seine eigenen Spezifikationen eingeben, so dass man zum Beispiel im Premiumsegment weniger Abweichungen durchgehen lässt als bei einer günstigen Baureihe.


Welches Holz wird benutzt?

Verleimtes Sperrholz ist das weitverbreitetste Material bei Reisemobilmöbeln, häufig besteht es aus Pappelholz. Auf Sperrhölzer wird üblicherweise eine Furnierdeckschicht aufgebracht, zum Beispiel aus afrikanischem Ilomba-Holz. Dessen homogene Oberfläche ist der ideale Untergrund für Dekorfolien, da hier keine Astlöcher oder andere störende Elemente durchscheinen.


Das Gewicht spielt mit Blick auf den Leichtbau eine entscheidende Rolle. Leicht, aber kostspielig ist Balsaholz, das beispielsweise Frankia in seinen Fahrzeugen verbaut. Andernorts wird ein Wabenkonstrukt aus Pappe verwendet, das durch den Einsatz von Harz versteift und tragfähig gemacht wird. Das zahlt sich vor allem auf der Waage aus: Während ein Kubikmeter Papierwaben etwa 40 Kilogramm wiegt, bringt ein Kubikmeter Sperrholz mittlerer Dichte zirka 400 Kilo auf die Waage. Inzwischen ist man daher auch dazu übergegangen, aus Sperrholzplatten Kanäle auszufräsen, um das Gewicht zu reduzieren und eine Biegung zu realisieren. Andere Plattenkerne sind aus Hartschaum. Auch schwere und stabile MDF-Platten kommen beim Möbelbau zum Einsatz. Für Tischplatten, in der Küche und bei Abdeckplatten werden oft widerstandsfähige HPL-Oberflächen verwendet.


Neben Sperrholz und Wabensandwiches ist PU ein verbreiteter Werkstoff. PU ist wasserfest und sehr stabil. Es wird in Formen gespritzt und härtet dort aus. Die Formen für die Herstellung machen den Prozess recht teuer, PU-Teile rechnen sich daher vor allem in größeren Stückzahlen.


Welche Anforderungen benötigen Möbel in Campingbussen?

Bei Kastenwagen sind die Anforderungen teilweise andere. Leichtbau spielt eine nicht ganz so wichtige Rolle, außerdem haben die Möbel keine tragende Funktion wie bei aufgebauten Reisemobilen. Diesen Vorteil bestätigt man bei La Strada: “Die Gewichtsproblematik ist bei Kastenwagen geringer als bei aufgebauten Reisemobilen. Das ermöglicht uns, anstatt zu der leichtesten Variante tendenziell eher zu der robusteren Lösung zu greifen.”


Die sichtbaren Kanten von Reisemobilmöbeln werden mit Umleimern versehen. Hier kommt meistens robustes ABS zum Einsatz, teilweise auch Papierkanten. Häufig sind auch abgeschrägte Kanten zu sehen, die im Postforming-Verfahren gefertigt werden. Ziel des Verfahrens ist eine fugenlose Beschichtung der Flächen und Kanten, die das Eindringen von Feuchtigkeit verhindert.


Stabilität durch Möbel

Die Möbel in konventionellen Reisemobilen haben meist eine tragende Funktion, daher gilt: Je stabiler die Möbel sind, umso mehr Stabilität erhält auch das Fahrzeug. Grundvoraussetzung dafür ist eine solide Verbindungstechnik, die außerdem auch Klappern und Knarzen vorbeugt. Helge Vester, Marketingleiter bei Dethleffs: “Wir verwenden generell lösbare Verbindungen, um sicherzustellen, dass im Schadensfall eine günstige Reparatur gewährleistet wird.”


Hauptvertreter dieser lösbaren Verbindungen ist der Topfverbinder, der in den meisten Reisemobilen eingesetzt wird. Er funktioniert folgendermaßen: In einer Möbelplatte wird eine Topflochbohrung erstellt, in die dann das Unterteil des Topfverbinders eingesetzt wird. Eine Schraube wird schräg in die zu verbindende Möbelplatte oder Seitenwand eingedreht. Abschließend wird eine Deckkappe aufgesteckt, die die Schraube verdeckt.


Guter Zusammenhalt: Möbel-Verbindungen

Neben Topfverbindern sieht man auch häufig Stecksysteme, Verschraubungen, Verklebungen sowie verzapfte Verbindungen. Letztere haben den Vorteil, dass sie zum Beispiel im Vergleich zu einer Dübelverbindung nicht ganz starr ist, sondern in einem gewissen Rahmen Toleranzen bei den Möbelteilen ausgleichen kann. Auch die Verwendung von aufgesteckten Profilen ist keine Seltenheit. Manchmal kommt auch eine Kombination zum Einsatz, wie zum Beispiel bei Carthago und Knaus. Hier werden alle Möbelteile verschraubt und zusätzlich mit Nut und Feder verzapft, wodurch man sich mehr Langlebigkeit und Geräuscharmut erhofft.


Wohin geht der Trend beim Möbeldesign?

Die Vielfalt an Foliendekoren lässt den Herstellern weitgehend freie Hand. Strukturierte Möbeloberflächen, die nicht nur wie echtes Holz aussehen, sondern sich auch so anfühlen, sind momentan der letzte Schrei.


Ebenfalls beliebt sind Hochglanzoberflächen. Sogenanntes Bicolor, also zwei verschiedene miteinander kombinierte Farbtöne, ist ebenfalls in vielen neuen Reisemobilen zu sehen. Swen Dluzak, Produktmanager bei Knaus, fasst zusammen: “Im Allgemeinen geht der Trend zu ruhigerem und ausgeglichenem Design mit hellen, freundlichen Tönen. Man sieht viele Naturholzdekore.” Im oberen Preissegment beobachtet Jochen Reimann, Geschäftsführer von Morelo, derzeit vermehrt edle, dunkle Holztöne.


Design und Raumgefühl

Möbeldesign erschöpft sich jedoch nicht in der Auswahl des Oberflächendekore. Auch die Form der Möbel trägt wesentlich zum Gesamteindruck bei. Bei LMC legt man Wert auf offene Sichtachsen, und auch bei Dethleffs schätzt man ein großzügiges Raumgefühl. Für letztere ebenfalls wichtig: praktische Details wie Dachschränke mit Installationskanal zur Nachrüstung von Beleuchtungselementen, Steckdosen und so weiter. Wilfried Leupolz, Leiter des Servicecenters von Bürstner, schlägt in dieselbe Kerbe: “Die Funktion bleibt bei allen Designtrends ein Hauptanliegen, weshalb wir ergonomischer Formgebung mit viel Kopffreiheit den Vorzug geben.”


Die Qualität von Möbeln zeigt sich für Ralf Skrubel, Leiter Konstruktion und Entwicklung bei Hobby, auch in formschönen und gut greifbaren Griffen sowie weit öffnenden Klappenscharnieren aus Metall mit integriertem “Soft Close”. Thomas Vöhringer vom gleichnamigen Möbelproduzenten schätzt vor allem fließende Übergänge von Flächen und Kanten. Außerdem für ihn wichtig: Die Befestigung der Beschläge. “Manche sind direkt verschraubt, besser ist aber eine Vorbohrung, dann reißt so schnell nichts aus.”


Ob Design, Konstruktion oder Verarbeitung: Vom ersten Eindruck bis zum Härtetest in der Praxis beeinflussen die Möbel ganz wesentlich das Urteil über ein Reisemobil. Denn nur wenn alles passt, fühlt man sich in seinem mobilen Zuhause auch richtig wohl.


Mehr als nur Geschmackssache

Möbel werden oft allein nach ihrem Äußeren beurteilt, aber ein gefälliges Dekor ist nur die halbe Miete – die inneren Werte sind mindestens genauso wichtig. Neben einer guten Verarbeitungsqualität, die sich an Merkmalen wie gleichmäßigen Spaltmaßen oder unsichtbaren Verschraubungen zeigt, sollten sich Möbel selbst tragen und nicht durchhängen. Eine solide Verbindungstechnik sorgt für Stabilität und minimale Geräuschentwicklung. All das zeichnet hochwertige Möbel aus und sollte der Prüfstein für ihre Qualität sein.





Übersicht: Möbelbau im Wohnmobil


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