Batterie entlädt während der Fahrt im Wohnmobil: Moderne Batterieladesysteme und ihre Probleme


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Die Lichtmaschine lädt die Batterien während der Fahrt auf – das ist die gängige Annahme. Doch bei modernen Motoren, seit der Euro 6 Norm, gilt das immer weniger. Wir zeigen warum das der Fall ist.

Nach einer Strecke von über 500 Kilometern zeigte das Kontrollbord einen niedrigeren Ladezustand für die Bordbatterie an als vor Fahrtantritt. „Wie kann das sein?“ Solche und ähnliche Forenbeiträge machen stutzig. 


Batterie-Management-Systeme sorgen für Chaos im Wohnmobil


Der Mercedes Sprinter war einer der ersten Transporter, der mit Euro-6- Motoren und „intelligenter Lichtmaschine“ antrat.

Grafik: promobil, Fotos: Bartosch, Votronic

Meist handelt es sich dabei um Reisemobile auf aktuellen Basisfahrzeugen mit Euro-6- Motor und sogenanntem Batterie-Management-System (BMS), auch „Smartcharge“ oder „intelligente Lichtmaschine“ genannt. Im Bestreben, die strengen Abgasnormen und Verbrauchsvorgaben möglichst gut zu erfüllen, versuchen die Entwicklungsingenieure auch kleinste Energieeinsparpotenziale zu nutzen. Darum werden moderne Lichtmaschinen nur noch dann zugeschaltet, wenn unbedingt nötig. Zahlreiche Faktoren wie Umgebungstemperatur oder laufende Verbraucher fließen dabei mit ein. 


Manche Systeme nutzen sogar die überschüssige Energie beim Bremsen. Dann wird die Lichtmaschine kurz zugeschaltet und versucht möglichst schnell viel Strom in die Starterbatterie zu pumpen. Damit die Batterie dafür Kapazität frei hat, wird sie ansonsten nur auf etwa 80 Prozent geladen.


Mit negativen Folgen für die Bordbatterie, die damit ebenfalls nur kurze Ladephasen mit stark schwankender Spannung abbekommt. Im Extremfall, wenn die Bordbatterie bei Fahrtbeginn mehr gefüllt ist als die Starterbatterie, fließt sogar Ladestrom vom Aufbau zum Basisfahrzeug – mit dem eingangs beschriebenen Ergebnis. 



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Ein Beispiel am Hymer ML-T belegt den negativen Batterie-Effekt

Messungen von Hymer an Fahrzeugen der ML-T-Baureihe belegen ebenfalls diese Effekte.„Wir bauen seit Modelljahr 2017 darum serienmäßig Ladebooster in alle Modelle auf Mercedes Sprinter ein – für ältere gibt es ein Nachrüstkit“, erklärt Geschäftsführer Bernhard Kibler. Dem folgen auch andere Aus- und Aufbauer, die auf den Sprinter setzen. Er war der erste Transporter der 3,5t Klasse, der mit Euro-6-Motoren angeboten wurde, und arbeitet mit einem weitreichenden Batterie-Management-System. 


„Wir haben uns bei der Umstellung auf Euro-6-Motoren beim Ducato ganz bewusst gegen eine intelligente Lichtmaschine entschieden“, gibt Bernd Wachtel, Fiat-Ansprechpartner für die Aufbauhersteller, zu Protokoll. Das erklärt, warum beim wichtigsten Basisfahrzeug der Branche bislang keine erhöhte Ladeproblematik auftritt. Ob sich dies bei der nächsten Normverschärfung noch halten lässt, bleibt abzuwarten. 


Als Abhilfe bieten sich sogenannte Booster oder Ladewandler an. Sie ziehen gezielt Strom aus der Starterbatterie ab und signalisieren der Lichtmaschine damit Nachladebedarf. „Die Spannung an der Bordbatterie regeln unsere neuesten Geräte dann so, dass für jeden Typ – auch Lithium-Akkus – die optimale Ladung nach Kennlinie erfolgt“, betont Vertriebsleiter Dieter Sojak von Elektronikspezialist Votronic. Und auch das Zurückfließen des Stroms wird verhindert.


Leserfragen zum Thema Lichtmaschine

Ich habe gehört, dass sich im Mercedes Sprinter nach einer gewissen Zeit die Lichtmaschine abstellt. Die Starterbatterie wird dann von der Aufbaubatterie geladen. Damit diese nicht aufgibt, wird wiederum die Leistung des Kühlschranks heruntergeregelt, was vor allem in den Sommermonaten sehr ärgerlich wäre. Meine Frage: Stimmt das? Und falls ja, wie gravierend sind die Einschränkungen wirklich?

fragt promobil-Leser Bernd Siebenhaar, per E-Mail



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Dank Booster klappt das Laden der Bordbatterie auch mit einer „intelligenten Lichtmaschinen“.

Antwort: Ja, das betrifft jene Basisfahrzeuge, die im Zuge der Euro-6-Umstellung mit „intelligenten Lichtmaschinen“ ausgerüstet wurden. Dazu gehört tatsächlich der Mercedes Sprinter – jedoch nicht der Fiat Ducato. Die Lichtmaschine wird dabei aus Spritspargründen frühzeitig heruntergeregelt – in manchen Fällen sogar schon, bevor die Starterbatterie ganz aufgeladen ist. Ist die Aufbaubatterie bei Fahrtbeginn voller als die Starterbatterie, kann dabei sogar Strom vom Aufbau zum Basisfahrzeug fließen. Abhilfe schaffen Ladebooster, die Strom aus der Starterbatterie ziehen und der Lichtmaschine so Nachladebedarf signalisieren. Reisemobilhersteller, die betroffene Basisfahrzeuge nutzen, bauen inzwischen serienmäßig Ladebooster ein und rüsten ältere Fahrzeuge nach.



In mein Reisemobil auf Ducato-Basis möchte ich eine größere Bordbatterie einbauen. Genügt die Leistung der Lichtmaschine, um statt der vorhandenen 60-Ah- eine 80-Ah- oder 100-Ah-Batterie zu laden?

fragt promobil-Leser Konrad Bruhn


Antwort: Ja und nein. Wenn die Bordbatterie bisher durch die Lichtmaschine geladen wurde, wird auch die stärkere Batterie geladen, es dauert nur länger, bis sie voll ist. In der Regel erreicht man allein durch den Fahrbetrieb aber sowieso keine hundertprozentige Vollladung, denn dazu müsste man mindestens zwölf Stunden am Stück fahren. Und außerdem kommt bei der Bordbatterie oft nicht mehr viel Ladeleistung an. Mögliche Gründe sind: starke andere Verbraucher wie Hauptscheinwerfer und Klimaanlage, eine schwache Lichtmaschine, Leitungsverluste auf dem Weg zur Bordbatterie und unpassende Ladeverfahren. An jedem Glied dieser Kette kann hier eingegriffen werden, etwa mit einer Hochleistungslichtmaschine, kürzeren und dickeren Kabeln, einem Spannungsbooster und einem modernen, hochwertigen Laderegler. Auch die Ladeleistung des Ladegeräts sollte auf die Batteriekapazität abgestimmt sein. Der maximale Ladestrom sollte mindestens zehn Prozent der Batteriekapazität in Ampere betragen, also 10 A bei einer 100-Ah-Batterie.



An meinem Wohnmobil wurden von der Motor-Klimaanlage bis zur Diesel-Heizung viele elektrische Verbraucher nachgerüstet. Doch beim Tausch der defekten Lichtmaschine wurde versäumt, eine stärkere einzubauen. Könnte diese kleine Lichtmaschine wegen möglicher Überlastung Schaden nehmen?

fragt promobil-Leser Bodo Bröse


Antwort: Bei korrekter Funktion von Lichtmaschine und Regler können Schäden durch Überlastung ausgeschlossen werden. Wird das Basisfahrzeug gleich mit Klimaanlage geordert, ist eine verstärkte Lichtmaschine an Bord. Bei einer nachgerüsteten Klimaanlage schreibt der Fahrzeughersteller den Einbau eines stärkeren Generators aber nicht vor. Bei umfangreichen Einbauten sollte idealerweise der Gesamtverbrauch exakt neu ermittelt werden und eventuell gleich ein stärkerer Generator nachgerüstet werden. Wird beim Reparaturauftrag darauf nicht hingewiesen, wird in der Regel auch nur der serienmäßige Generator erneuert. Bei einer Ladefunktionsprüfung mit allen eingeschalteten Verbrauchern hätte der Werkstatt aber auffallen müssen, dass die Ladeleistung der neuen Lichtmaschine vielleicht nicht ausreichend ist.


Wenn auch Sie Fragen zum Thema Wohnmobil haben, mailen Sie uns an [email protected]



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